Neue Erkenntnisse: Straße nach Chef-Arisierer benannt

Die Austermannstraße

Standort

Verbindungsstraße zwischen Steinfurter Straße und Horstmarer Landweg.

Inhalt

„Es fehlte (und fehlt übrigens sogar noch heute) weithin an einem Vorstellungsvermögen für das Wesen und die Arbeitsweise eines Schreibtischtäters“Die Straße wurde 1989 gebaut und bekam den Straßennamen „Austermannstraße“.

Debatte um Straßenumbenennungen in Münster Von 2008 mit Einbringen eines Ratsantrages durch die SPD zur Umbenennung des Hindenburgplatzes in Schlossplatz bis zum Bürgerentscheid 2012 über diese Frage wurde in Münster um die Umbenennung von NS-belasteten Straßennamen gestritten. Dabei war die Debatte um den Hindenburgplatz die hitzigste.

Trotzdem wurde der Hindenburgplatz durch den Bürgerentscheid mit knapp 60 Prozent Zustimmung in Schlossplatz umbenannt.

Schon im November 2010 wurde der Straßenname Carl-Diem-Weg durch die Bezirksvertretung West aufgehoben. Seither heißt der kleine Zipfel Sentruper Straße.

Die Bezirksvertretung Mitte benannte am 22. Mai 2012 die vier im Bezirk von der Kommission empfohlenen Straßen um. Dabei wurde auf Empfehlung der Kommission eine Straße nicht umbenannt.

Dagegen lehnte die Bezirksvertretung Ost am 23. August 2012 die Umbenennung der durch die Kommission vorgeschlagenen Straßennamen ab. Vorausgehend hatte der Abgeordnete der BV Ost Walter von Göwels (CDU) der Kommission einen (sic!) Fehler nachgewiesen. Die Kommission korrigierte sich daraufhin: „Die Bücherverbrennungen hat Hermann Stehr wohl nicht aktiv unterstützt. Gleichwohl reicht seine tätige Begeisterung für die Nationalsozialisten aus, um die nach ihm benannte Straße umzubenennen". Nach weiterer unsachlicher Debatte wurden die Umbenennungen der Agnes-Miegel-Straße, des Castellewegs, des Heinrich-Lersch-Wegs und des Stehrwegs trotz der Nähe der NamensgeberInnen zum NS-System mit knapper Mehrheit (CDU/UWG) abgelehnt.

[Eine Dokumentation zum Thema ist hier erhältlich: http://www.grosse-nobis.info/texte/strassennamen.htm]

Heinrich Austermann

Oberstadtdirektor von 1952 bis 1973: Heinrich Austermann. Foto: Stadtarchiv Münster.Assessor Heinrich Austermann war Sachbearbeiter im Rechtsamt der Stadt Münster, Dienststelle 6, und mit der Umsetzung der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben (Grundstücksverkäufe und Betriebsabwicklungen) beauftragt: „Die Aktenlage ergibt, daß die ‚Arisierung‘ jüdischer Grundbesitzes durch Heinrich Austermann durchgeführt wurde, Ende März 1939 ließ er sich von der Polizei den erfolgreichen Abschluß der Enteignungen bescheinigen. ‚Jüdische Geschäfte oder Warenlager befinden sich nicht mehr in Münster‘“, so Christian Steinhagen in seinem Buch.

Austermann war in der Nachkriegszeit Stadtrat, Kämmerer und von 1952 bis 1973 Oberstadtdirektor. Er hat 1973 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Münster verliehen bekommen.

[„HEINRICH AUSTERMANN – Rudolf-von-Langen-Straße 15“, in: Steinhagen, Christian: Münster im Dritten Reich – Ein Stadtführer, Münster 2013, S. 64-65]

Austermanns Aufgabe im NS war jedoch bei der Straßenumbenennungsdebatte 2008-12 noch nicht bekannt. Erst Christian Steinhagen hat diese Fakten 2013 veröffentlicht.

Neben Hindenburg und Jötten scheint Austermann einer der am meisten in den NS verwickelten Personen zu sein, die zur Debatte standen.

Autor des Zitats

Dr. Helmut Kramer war Richter am Oberlandesgericht Braunschweig und Mitbegründer und bis 2006 Vorsitzender des Forum Justizgeschichte e.V.

[http://kramerwf.de/Ursachen-fuer-die-Straflosstellung-und-Wiedereingliederung-der-Schreibtischtaeter.258.0.html]

Die Doppelseite aus dem Katalog zur Austermannstraße als PDF.

Das Ausstellungsobjekt "Die Austermannstraße"

(c) Jan Große Nobis, 2014